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3. AKI Fachtag in Bochum – eine Generationsfrage
Der Fachkräftemangel hat die Pflege im Griff. Deshalb hatte der 3. AKI Fachtag des Arbeitskreises außerklinische Intensivpflege Ruhr/Münster/Ostwestfalen-Lippe am 2. März in Bochum einen klaren Fokus auf die Frage, woher denn das Personal künftig kommen soll.
Von Tim Walter

„Wir schlagen uns um die Auszubildenden“, erklärte Prof. Dr. Antje-Britta Mörstedt von der Privaten Fernhochschule Göttingen (PFH). „Die Babyboomer gehen in Rente, es kommen aber kaum Fachkräfte nach“, so Mörstedt. Die Generation Z, also die Jahrgänge von 1994 bis 2010 würden auch „die Rebellen“ genannt, denn sie „wollen nicht so arbeiten, wie wir“. Mit „wir“ meint die Wissenschaftlerin die Generationen zuvor und dabei besonders ihre eigene, die “Babyboomer”. „Gen-Z“ wolle sich nicht binden – was sie aufgrund des Mangels an Fachkräften auch nicht müssen. Es brauche eine andere Herangehensweise der Unternehmen, was Arbeitszeiten, Verantwortung oder auch Bewerbungsverfahren angehe, so die Wissenschaftlerin. „Ihre Mitarbeitenden müssen Ihre Unternehmensbotschafter werden“, so Mörstedt. Denn in Unternehmen, in denen die bereits vorhandenen Mitarbeitenden selbst nicht gerne zu arbeiten schienen, könnten auch keinen Gen-Z-Nachwuchs halten. Rund 33 Prozent aller Auszubildenden über alle Branchen brächen im ersten Jahr die Ausbildung ab – ein gutes Onboarding werde somit ein entscheidender Faktor beim Halten von Personal.
Weltoffen und vielfältig
Abseits des Ausbildung im eigenen Betrieb setzen Unternehmen unter anderem auch auf Personal aus dem Ausland oder Leiharbeit. Beide Optionen bringen jedoch ihre eigenen Tücken und Nachteile mit sich. Yvonne David, Erwachsenenbildnerin und Expertin für Internationales Recruiting bei der Alexianer GmbH, präsentierte Ansätze, wie das Recruiting internationaler Fachkräfte die Personalsituation entspannen kann. „International Recruiting ist ein Gewinn für uns, aber auch die Länder, aus denen die Fachkräfte kommen“, so David. Mit den Alexianern sei sie derzeit an einem Projekt beteiligt, in dem Pflegende von den Philippinen nach Deutschland geholt werden. Der Prozess sei lang und teuer, lohne sich aber letztlich. Die neuen Fachkräfte seien in der Regel akademisch ausgebildet und kämen mit einem Bachelorabschluss sowie nachgewiesenen Deutschkenntnissen nach Deutschland. Dann stünden noch verschiedene organisatorische sowie Integrations-, Theorie- und Praxismaßnahmen und die Anerkennung zur Pflegefachkraft nach deutschen Regularien an. Dass dabei unter Umständen auch Probleme aufträten, sei klar, so David. Sprachliche Barrieren seien nie auszuschließen, besonders dann, wenn Dialekte ins Spiel kämen. Auch Heimweh und das Thema Familiennachzug seien große Faktoren für die Pflegepersonen. Das alles sei es aber definitiv wert, so David. Letztlich könne sich ein Unternehmen so auch als weltoffen präsentieren und Vielfalt leben – beides Aspekte, die gerade für die (deutsche) Gen-Z als wichtig gelten.
Auch die Leiharbeit, die immer wieder in den Fokus der Diskussionen um Personal rückt, habe zwar bestimmte Vorteile, aber auch gravierende Nachteile, so Maurizio de Matteis (The Care Concepts Company). Zwar sei Zeitarbeit gesetzlich geregelt und böte Arbeitgebern kurzfristige und passgenaue Lösungen. Gleichzeitig könnten Teams, in denen regelmäßig wechselnde Mitarbeitende eingesetzt würden, sich aber auch nur schlecht entwickeln und litten unter einer Instabilität. Für Arbeitgeber gelte es, die Vor- und Nachteile genau abzuwägen. Lösungsansätze seien unter anderem das Begrenzen der Einsätze – möglicherweise auch rechtlich – und das stärkere Investieren in die Ausbildung von Nachwuchs.
Verlängerung der Übergangsregelung nicht auszuschließen
Das allgegenwärtige GKV-IPReG und die sich noch in Verhandlung befindenden Bundesrahmenempfehlungen fanden auch in Bochum Beachtung. Volker Eimertenbrink, Leitung Bereich Genehmigung II bei der IKK Classic, skizzierte den Werdegang des GKV-IPReG von seiner Entstehung als RISG bis zum heutigen Tage, bevor es in einer Podiumsdiskussion unter Moderation von Dirk Reining, Leiter des Referats Altenhilfe/außerklinische Intensivpflege bei den Alexianern, um die aktuellen Entwicklungen ging. Aus Sicht der IKK Classic sei eine weitere Verlängerung der Übergangsregelung für die Verordnung außerklinischer Intensivpflege über den 30. Oktober 2023 hinaus nicht auszuschließen. Aufgrund der andauernden Verhandlungen um die Bundesrahmenempfehlungen blieben Details zu aktuellen Punkten jedoch auch in der Diskussion aus. Maik Vonau, Regionaldirektor bei der AOK NordWest, sehe im IPReG viel Potenzial für Verbesserungen bei den Pflegebedürftigen. Aus seiner Sicht dürfe an der Wahlfreiheit bei Versorgungsart und -form nichts vorbei gehen. Viele notwendige Ressourcen seien jedoch knapp, besonders was die Verfügbarkeit verordnender Ärzt:innen und Gutachter:innen des Medizinischen Dienstes angehe. Wolfgang Marten vom Intensivpflegedienst AtmoVitale führt die Befürchtungen noch weiter: Für Pflegedienste und pflegebedürftige Personen sei nicht klar, was nach dem Stichtag Ende Oktober passiere, wenn eine neue Verordnung, beispielsweise aufgrund mangelhafter Verfügbarkeit von Ärzten, nicht vorliegt. Auf die Antworten muss die Branche nun mindestens bis zur Veröffentlichung der Bundesrahmenempfehlungen warten.
KAI Rechtstag & Management Konferenz
Die neuen Bundesrahmenempfehlungen für die außenklinische Intensivpflege stellen die Expertinnen und Experten des KAI Rechtstages am 9. Mai in Berlin vor. Das komplette Programm und alle weiteren Informationen unter kai-intensiv.de/kai-konferenzen.
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