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GKV-IPReG Think Tank kämpft für Selbstbestimmung
Der GKV-IPReG Think Tank hat in einer Pressekonferenz erneut auf Selbstbestimmung für intensivpflegebedürftige Menschen gepocht.

Alle Menschen, die außerklinische Intensivpflege benötigen, haben ein Recht darauf, über ihr Leben selbst zu bestimmen, und vor allem über den Ort, an dem sie intensivpflegerische Unterstützung erhalten. Das haben jetzt die Initiatoren des “GKV-IPReG Think Tanks” in einer Pressekonferenz am 18. November in Berlin erneut erklärt. Der Termin fiel auf den Vorabend des Beschlusses der Richtlinie zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege durch den Gemeinsamen Bundesausschuss. Die Gesetzgebung betreffe bundesweit rund 27.000 Menschen, von denen der größte Teil geriatrische und multimorbide Patienten seien, so Think Tank-Initiator und Moderator Christoph Jaschke. Unter ihnen seien jedoch auch viele junge Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche mit angeborenen, erworbenen oder fortschreitenden Erkrankungen, die um ihre Selbstbestimmtheit fürchteten.
Im Bild: Tim Melkert, Tim Melkert, Christiana Hennemann (rehaKIND), Moderator Christoph Jaschke (Deutsche Fachpflege Gruppe), Laura Mench, Christine Wagner-Behrendt, Amelie und Henriette Cartolano(INTENSIVkinder zuhause) (v.l.).
Zum Podium gehörten Betroffene und Vertreter aus Medizin, Wissenschaft und Pflege. Der Mathematiker Tim Melkert wird seit 28 Jahren beatmet. Er kritisiert den Fokus auf eine Entwöhnung von der Beatmung, den das GKV-IPReG zeigt: “Nach dem GKV-IPReG sollen meine spärlich vorhandenen Muskeln nun sukzessive dazu trainiert werden, ihre wenig Energie dafür zu verbrennen, notdürftig (und anfälliger für Lungenentzündungen) zu atmen und sehr mühsam und leise zu sprechen. Um mir damit ohne Beatmungsgerät wieder „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ zu ermöglichen. Aktuell sei er in den Augen des GKV-IPReG als jemand, der nur sehr mühsam von der Beatmung entwöhnt werden könnte und es überhaupt nicht möchte, ein Fall für die
Palliativmedizin, so Melkert.
Dr. Paul Diesener: “Das IPReG ist eine Mogelpackung”
Das IPReG sei eine Mogelpackung, erklärt Dr. Paul Diesener von der Deutschen Gesellschaft für Dysphagie. “Unter dem Vorwand, einen Sumpf finanzieller Fehlanreize trockenzulegen einerseits und dem Versprechen, die Qualität der außerklinischen Intensivpflege in der ärztlichen und pflegerischen Versorgung zu verbessern andererseits, werden über die Hintertür Maßnahmen zur Kostensenkung in der Krankenbehandlung ergriffen und dabei elementare Grundrechte der Betroffenen mit Füßen getreten.”
“Das GKV-IPReG wird Konsequenzen auf vielen Ebenen haben: Für die Leistungserbringer, die Kostenträger, den Medizinischen Dienst und nicht zuletzt für die Menschen und ihre Angehörigen, die es primär betrifft. Es wird nicht halten, was es verspricht”, schätzt Pneumologe Dr. Abdel Hakim Bayarassou die Situation ein. “Die Menschen, die es betrifft, sollen das Gefühl erhalten, dass sie sicher versorgt sind. Die Lebensqualität muss ein zentraler Bestandteil des Behandlungsplans sein”, so seine Forderung.
Corinna Rüffer, Stephanie Aeffner Kordula Schulz-Asche, alle Bundestagsabgeordnete für die Grünen, sagten dem Think Tank ihre Zusammenarbeit zu. “Ich hoffe, dass wir in unserer künftigen Regierungszeit gemeinsam mit Ihnen noch einiges erreichen können”, so Schulz-Asche per Zoom.
Der Think Tank hat fünf Forderungen der Betroffenen und An- und Zugehörigen zusammengetragen:
- Gleiche Rechte für alle – Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention
- Selbstbestimmung gilt auch für Versicherte ohne Entwöhnungspotenzial
- Niemand darf gegen seinen Willen in eine stationäre Versorgung gezwungen werden
- Kinder, Jugendliche und junge Volljährige müssen stärker berücksichtigt werden
- Flächendeckende außerklinische Versorgungstrukturen schaffen
Foto: Clara Montag
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