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Milliarden-Deal: ResMed kauft Medifox Dan
Medizintechnik-Unternehmen übernimmt Pflegesoftware-Entwickler aus Hildesheim für umgerechnet rund 950 Millionen Euro.

Medizintechnik-Unternehmen ResMed übernimmt Pflegesoftware-Entwickler Medifox Dan aus Hildesheim für umgerechnet rund 950 Millionen Euro.
Von Lukas Sander
Das US-amerikanische Medizintechnik-Unternehmen ResMed kauft MediFox Dan für rund eine Milliarde US-Dollar auf – umgerechnet rund 950 Millionen Euro. Sollten die Wettbewerbsbehörden zustimmen, könnte die Übernahme zum Jahresende vollzogen sein. Resmed wolle die Standorte, die mehr als 600 Beschäftigten sowie das Management von Medifox halten. Aktuell ist ein britischer Finanzinvestor Eigentümer.
Die Übernahme reiht sich ein in eine Serie von Käufen und Verkäufen von Gesundheitsunternehmen. Anders als bei den meisten dieser Deals steigt nun aber kein Finanzinvestor in die Softwarebranche ein, für den der deutsche Gesundheitsmarkt „sexy“ ist, wie es in der Sprache der Investoren heißt. ResMed ist ein etablierter Produzent von Medizintechnologie, der seit vielen Jahren auch in Deutschland agiert. Branchenkenner vermuten daher, dass es sich diesmal um eine langfristige Partnerschaft handeln könnte.
Außerklinische Intensivpflege im Blick?
Auf den ersten Blick ergibt der Kauf besonders für den Bereich der außerklinischen Intensivpflege Sinn. Denn Medifox Dan macht sein Hauptgeschäft eher im Bereich der klassischen Touren- und zunehmend auch der stationären Pflege. Das lässt aus Sicht von Brancheninsidern die – vermeintliche – Bedeutungsschwere der Intensivmedizin erahnen.
Einige Intensivpflegedienste betreiben seit geraumer Zeit die Digitalisierung. Dazu zählt etwa die Nutzung von AirView – einer Telemonitoringlösung von ResMed, die es erlaubt, Vitalparameter der Betroffenen in Echtzeit aus der Ferne zu überwachen und etwa ein mögliches Entwöhnungspotential von der Beatmung frühzeitig zu erkennen. Diese Möglichkeiten der Potenzialerhebung passen zu den Anforderungen, die das neue Intensivpflege-Gesetz IPReG vorschreibt. Medifox bietet eine Softwarelösung an, die die gängige Branchensoftware für den anspruchsvollen Bereich der Intensivpflege erweitert. Insbesondere auch die Kundendaten, die ResMed mit dem Kauf von Medifox Dan quasi „mit erwirbt“, dürften für den Technologieanbieter interessant sein. Denn das Softwareunternehmen adressiert Kunden, die Zugang zu den Zielgruppen von ResMed-Produkten (Schlafapnoe und Atemwegserkankungen) haben. Diese Kunden kommen aus der ambulanten und stationären Pflege, aber auch aus dem Bereich der Therapie. Sie sind neben dem Arzt ein vertrauenswürdiger Vertriebskanal. Ähnlich funktioniert das schon seit Langem beim Hausnotruf oder beim Essen auf Rädern.
Was dieser Deal für die breite Masse der Nutzer von Medifox Dan bedeuten könnte, bleibt abzuwarten. Dem Vernehmen nach hoffen viele Kunden, dass sich die Situation insbesondere auf einem Problemfeld des Dienstleisters verbessert. Auffällig sind bereits seit längerem häufige Klagen über einen verbesserungsfähigen Softwaresupport durch Medifox Dan. Es hat den Anschein, dass Medifox seit vielen Jahren besonders viel Kraft ins Neukundengeschäft steckt, weniger in die Pflege der Bestandskunden.
Auffällig war zudem ebenso, wie MedifoxDan sich in den Monaten vor Bekanntwerden der konkreten Verkaufspläne „hübsch gemacht“ hat. So nennt man es, wenn ein Verkaufskandidat seine Attraktivität vor dem Verkauf durch konkrete Optimierung des Portfolios, aber auch durch Marketingmaßnahmen zu steigern versucht. Zu sehen war das unter anderem auf der Messe ALTENPFLEGE. Medifox Dan hatte gefühlt eine gesamte Halle auf der Branchenleitmesse mit einem riesigen Stand belegt. Zuvor hatte der Softwareriese eine eigene Veranstaltung in einem Großkino in der Hamburger Hafencity gefeiert. Dabei wurde „die Software der Zukunft“ präsentiert, wie es Medifox Dan selbst bezeichnete. Auch hier scheute das Softwareunternehmen keine Kosten für das Marketing. Die Moderation übernahm der Fernsehmoderator Steven Gätjen.
Auf den Events wurden den Kunden zwei wesentliche Erweiterungen des Produktportfolios präsentiert. Dabei geht es zum einen um die Integration einer e-Learning-Plattform für die Pflege. Zum anderen wurde eine mathematisch gestützte Touren- und Dienstplanung vorgestellt. Beide Module wurden zunächst von Startups entwickelt und dann von MedifoxDan zugekauft.
Medifox Dan: rund 33 Millionen Euro Gewinn in 2021
Die Hildesheimer beliefern den Angaben zufolge nach mehreren eigenen Firmenübernahmen inzwischen einige Tausend Dienste mit ihrer Software. Im zurückliegenden Geschäftsjahr machte Medifox einen Umsatz von etwa 83 Millionen Dollar (79 Mio. Euro). Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erzielte das 1994 gegründete Unternehmen einen bereinigten Gewinn von gut 35 Millionen Dollar (33 Mio. Euro).
Der Kaufpreis, den der noch aktuelle Besitzer HG Capital gezahlt hat, lag gerüchteweise bei deutlich weniger als der Hälfte des nun vereinbarten Weiterverkaufspreises. HG Capital hatte wiederum 2013 Medifox von einem anderen Finanzinvestor (ECM) gekauft, der die Firma vom Gründer Frank Preußner 2013 erworben hatte. Beide Finanzinvestoren haben also sehr viel an dem jeweiligen Erwerb verdient.
Grafik: Vincentz Network/ResMed/Medifox Dan
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