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Multiple Sklerose – was ist das?

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, erklärt Autor Ulrich Kalvelage.

World Multiple Sclerosis Day. Orange awareness ribbon and brain symbol on a brown background. World Multiple Sclerosis Day. Orange awareness ribbon and brain symbol on a brown background.

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. MS betrifft sowohl das Gehirn als auch das Rückenmark. Die Erkrankung
lässt Entzündungen entstehen, die zu zahlreichen Symptomen führen können. Da sich bei MS-Erkrankten ein unterschiedlicher Krankheitsverlauf zeigt, lässt sich nur schwer eine allgemeingültige Aussage über die Erkrankung treffen. Aus diesem Grund wird sie auch als „Krankheit mit den 1.000 Gesichtern“ bezeichnet. In Deutschland leben mehr als 240.000 Menschen mit MS. Weltweit sind es nach Schätzungen etwa 2,5 Millionen. Multiple Sklerose wird vor allem bei jüngeren Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren diagnostiziert. Frauen erkranken doppelt so häufig wie Männer. Bisher ist noch nicht eindeutig geklärt, was MS verursacht. Die meisten Forscher nehmen an, dass Faktoren wie ein fehlgeleitetes Immunsystem, Infektionen sowie genetische Prädisposition für die Entstehung der Krankheit verantwortlich sind. Daneben scheinen auch Einflussfaktoren wie Umwelt und Herkunft eine Rolle zu spielen.

Bei der Krankheit richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper. Dabei kommt es im zentralen Nervensystem zu Entzündungen, die dazu führen, dass das Myelin der Nervenfasern beschädigt oder sogar zerstört wird. Myelin ist wie eine Art „Isolierschicht“, die die Nervenfasern umhüllt. Diese Schicht sorgt bei einem gesunden Menschen dafür, dass Nervenimpulse mittels der Nervenfasern etwa zehnmal schneller über das Rückenmark in den restlichen Körper geleitet und empfangen werden, als es ohne Myelin der Fall wäre. Durch die Erkrankung können unterschiedlich viele (= multiple) Stellen des Nervensystems betroffen sein, sodass in der Folge verschiedene Symptome der MS auftreten können.

Verlaufsformen

Schubförmig remittierende Multiple Sklerose: Die häufigste Form ist die schubförmig remittierende MS. Diese Art der MS verläuft in Schüben. Das bedeutet für den MS-Patienten, dass die Symptome nicht dauerhaft bestehen, sondern phasenweise beziehungsweise im Schub auftreten. Bei einem MS-Schub können neue Beschwerden hinzukommen oder bereits bestehende Beschwerden verstärkt werden. Diese bilden sich häufig zurück, können aber im weiteren Verlauf der Krankheit auch bestehen bleiben. In der schubfreien Zeit kommt es zu keiner Verschlechterung des Gesundheitszustandes.

Sekundär chronisch progrediente Multiple Sklerose: Bei dieser Form der MS geht die schubförmig-remittierende Multiple Sklerose in einen chronischen Verlauf über. Dabei reduziert sich zwar die Anzahl der Krankheitsschübe, dafür kommt es aber zu einer fortlaufenden Zunahme der Symptome. Auch bei dieser Form von MS kann es Phasen des Stillstandes geben.

Primär chronisch-progrediente Multiple Sklerose: Bei der primär chronisch-progredienten MS verschlechtert sich die Erkrankung von Beginn an kontinuierlich, häufig ohne abgrenzbare Schübe. Zwischenzeitlich kann es zum Stillstand der MS-Erkrankung kommen. Bisher lässt sich nicht vorhersagen, in welchen Abständen ein Schub bei Multipler Sklerose auftritt und welche Beschwerden er zur Folge haben kann. Es kann auch vorkommen, dass sich der Krankheitsverlauf über die Jahre ändert oder die MS von der einen in die andere Form übergeht (beispielsweise von schubweise zu konstant verschlechternd).

Behandlung

Bisher lässt sich Multiple Sklerose nicht heilen. Jedoch gibt es dank intensiver Forschung mittlerweile verschiedene Therapien, die den Verlauf der Krankheit positiv beeinflussen und dem Patienten ein freieres, selbstständigeres Leben ermöglichen können. Neben medikamentösen Therapie-Möglichkeiten gibt es ergänzend auch die symptomatische Behandlung. Dazu gehören z.B. die Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Die Behandlung soll zur Linderung der MS-Symptome beitragen und Komplikationen vorbeugen. Außerdem kann diese Form der Behandlung ganz individuell und gezielt auf die Beschwerden der Betroffenen angepasst werden.

Wie sieht die Prognose aus?

MS verläuft immer individuell. Deshalb kann keine klare Prognose über den Krankheitsverlauf gestellt werden. Nur sehr selten (bei weniger als fünf Prozent der MS-Erkrankten) führt die Erkrankung innerhalb weniger Jahre zu einer schweren Behinderung.

Pflege schwer MS-Erkrankter

Die Pflege wird natürlich, wie bei allen Patient:innen, individuell geplant und durchgeführt. Allerdings gibt es einige Punkte, die speziell zu beachten sind und die Pflegekräfte auch in die Beratung von Angehörigen einfließen lassen können. Durch die geschwächte Atemmuskulatur, die dadurch schlechtere Belüftung der Lunge und die Schluckstörungen ist die Gefahr, an einer Lungenentzündung zu erkranken, sehr hoch. Eine gute Pneumonieprophylaxe ist unumgänglich!

Schluckstörungen: Beraten Sie die Patient:innen bezüglich einer langsamen, bewussten Nahrungsaufnahme, passenden Kostformen usw. Im späten Stadium kann eine künstliche Ernährung notwendig werden (z.B. PEG). Eine vermehrte Speichelbildung kommt häufig vor. Es gibt einige Medikamente, die eingesetzt werden können, um den Speichelfluss zu reduzieren. Raten Sie Betroffenen, mit ihrem Arzt zu sprechen.

Kontrakturenprophylaxe: MS-Erkrankte sollten engmaschig von Physiotherapeuten begleitet werden. Auch in der täglichen Pflege sollten die Gelenke regelmäßig durchbewegt werden, damit es nicht zu Kontrakturen kommt.

Thromboseprophylaxe und Dekubitusprophylaxe: Durch die mangelnde Bewegung, Eigenbewegung und die eingeschränkte Funktion der Muskel-Venenpumpe ist die Gefahr, ein Druckgeschwür oder eine Thrombose zu entwickeln, sehr hoch. Achten Sie auf sinnvolle Prophylaxen und beraten Sie Betroffene dazu.


Autor: Ulrich Kalvelage, TQM Auditor und Qualitätsmanager für die ambulante und stationäre Pflege

 

Aufmacherfoto: Adobe Stock/WindyNight