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Nosokomiale Infektionen vermeiden
Seit der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zum 01. Januar 2019 sind Leiter vieler ambulanter Intensivpflegedienste verpflichtet, die nach dem Stand

Seit der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zum 01. Januar 2019 sind Leiter vieler ambulanter Intensivpflegedienste verpflichtet, die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um nosokomiale Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden. Diese Anforderung gilt als erfüllt, wenn jeweils die veröffentlichten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) und der Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie beim RKI beachtet worden sind. Im Wortlaut des Gesetzes (§ 23 Abs. 3 und 5) betrifft das die Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen.
Die aktuellste KRINKO-Empfehlung „Anforderungen der Hygiene an abwasserführende Systeme in medizinischen Einrichtungen“ vom 25. März 2020 lässt im ersten Moment kaum Berührungspunkte mit der außerklinischen Versorgung vermuten. Dennoch lohnt sich der Blick hinein, da sich die Empfehlungen nicht nur auf Kliniken, sondern auch auf andere medizinische Einrichtungen wie etwa Pflegeheime bezieht.
Infektionsherd Waschbecken
Ein Problem, das beschrieben wird, ist die Übertragung von (antibiotikaresistenten) Infektionserregern durch das Zurückspritzen beim Wasserablauf z.B. in Waschbecken. Als potentielle Infektionserreger kommen u.a. Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter, Klebsiella pneumoniae sowie Enterokokken in abwasserführenden Systemen vor. So könnten Utensilien, die nahe an einem kontaminierten Waschbecken gelagert werden, selbst zu einer Infektionsquelle werden. Gleiches gilt selbstverständlich für Tätigkeiten, die am Waschbecken durchgeführt werden, die Spritzwasser verursachen. Denkbar wäre demnach auch eine Kontamination der Trachealkanüle, wenn diese an einem kontaminierten Waschbecken gereinigt wird.
Hinsichtlich der Risikobewertung schlagen die Autoren ein bereichsbezogenes Vorgehen vor. Demnach sollen alle Bereiche, in denen Patienten gepflegt werden, die ein erhöhtes Infektionsrisiko oder eine erhöhte Antibiotikaeinnahme aufweisen, zum Bereich mit besonderem Infektionsrisiko gezählt werden. Aufgeführt werden u.a. Intensivtherapiepatienten einschließlich Weaning-Patienten und Patienten in der neurologischen Frührehabilitation.
In der angefügten Tabelle (Seiten 499-501) werden dann Beispiele für Präventionsmaßnahmen für abwasserführende Systeme in medizinischen Einrichtungen aufgeführt. Dazu gehören u.a. dass persönliche Utensilien der Patienten nicht auf dem Waschbeckenrand sondern möglichst spritzgeschützt oder in ausreichendem Abstand zum Waschbecken aufbewahrt werden sollen.
Des weiteren sollten Waschbecken in ausreichendem Abstand (mind. 1 m) zum Patientenbett positioniert werden. Diese Erkenntnis bzw. Forderung ist auch bereits in der KRINKO-Empfehlung „Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens“ (2016) beschrieben. Hier wurde sogar ein Sicherheitsabstand von zwei Metern empfohlen.
Auf Wasserarmaturen verzichten?
Konsequenter Weise führt dies zu der Empfehlung, dass bei Neuplanungen auf Waschbecken im Patientenzimmer verzichtet werden sollte. Auch im Rahmen der Stagnationsvermeidung im Trinkwasser-System ist eine Vermeidung zu vieler Wasser-Armaturen wünschenswert. Allerdings gibt es auch gute Gründe dafür, ein Waschbecken im Patientenzimmer zu planen bzw. zu belassen: MitarbeiterInnen können sich nach einer Kontamination mit biologischen Arbeitsstoffen die Hände waschen, Utensilien (z.B. Zahnbürsten) werden patientennah gereinigt und verwechslungssicher gelagert und der Patient muss nicht extra zu einem entfernten Gemeinschaftsbad gehen bzw. gebracht werden, um sich einmal „frisch zu machen“. Es ist also, wie so oft in der Hygiene, eine Abwägung, auf Basis einer individuellen Risikoanalyse. Zur Verschriftlichung hilft dann auch der vorgeschriebene Hygieneplan, in dem Pflegedienste die innerbetrieblichen Verfahrensweisen zur Infektionshygiene festlegen müssen.
Gerade auch mit dem Blick auf den Entwurf des Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetzes könnten solche baulichen Anforderungen zukünftig einen höheren Stellenwert bekommen. In der Einzelversorgung sind die KRINKO-Empfehlungen zwar nicht bindend, dennoch sollte auch in diesem Setting darüber nachgedacht werden, ob und wie die Empfehlungen zum Zwecke der Risikominimierung umgesetzt werden können.
Autor: Patrick Ziech, examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Hygienekontrolleur und Gesundheitswissenschaftler (M.A), Koordinator des Hygiene-Netzwerks am Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA)
Bild: Adobe Stock/nito
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