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Prof. Richter: „IPReG ist in der praktischen Umsetzung angekommen“
Prof. Ronald Richter erläutert im Interview, wo die außerklinische Intensivpflege hinsichtlich des GKV-IPReG derzeit steht und was Gesetz und Richtlinie künftig in der Praxis verändern.

Prof. Ronald Richter, Arbeitsrechtler und Inhaber von RichterRechtsanwälte in Hamburg, erläutert im Interview, wo die außerklinische Intensivpflege hinsichtlich des GKV-IPReG derzeit steht und was Gesetz und Richtlinie künftig in der Praxis verändern.

Prof. Richter, wie ist der aktuelle Stand des GKV-IPReG?
Nach langen, teilweise sehr kontroversen, Auseinandersetzungen über das RISG und den ersten Entwurf des GKV-IPReG ist die gesetzliche Änderung in der außerklinischen Intensivpflege durch die Veröffentlichung der AKI-RL durch den G-BA in der praktischen Umsetzungsphase angekommen. Versicherte und Leistungserbringer können sich nun auf die weiteren Konkretisierungsschritte, insbesondere die Verhandlungen um die notwendigen Rahmenempfehlungen nach § 132l Abs. 1 SGB V konzentrieren, und so auf die Anwendung des § 37c SGB V vorbereiten.
Die neue „Richtlinie über die Verordnung außerklinischer Intensivpflege“ ist nun schon eine Weile da und wird voraussichtlich zeitnah im Bundesanzeiger veröffentlicht. Definiert die Richtlinie jetzt einen neuen Kreis derer, die Anspruch auf außerklinische Intensivpflege haben?
Es ist nun der Zeitpunkt gekommen von den Mythen aus den politischen Diskussionen im Rahmen der Gesetzentwürfe zur außerklinischen Intensivversorgung Abschied zu nehmen. Weder werden durch die gesetzliche Definition weitere, andere oder verbesserte Leistungen gewährt, noch bestehende Probleme bei der Verordnung und Genehmigung der außerklinischen Intensivpflege gelöst. Vor allem aber gehen nun nicht alle gesetzlichen Ansprüche in der außerklinischen Intensivpflege auf § 37c SGB V über und ebenso ist die außerklinische Intensivpflege nicht gleichzusetzen mit der Beatmungspflege oder der Versorgung eines Tracheostomas. Festzustellen ist hingegen, dass durch die Einführung des neuen gesetzlichen Anspruchs auf § 37c SGB V sich der Leistungsumfang für die außerklinische Intensivpflege insgesamt nicht verändert hat. Der Leistungsumfang der außerklinischen Intensivpflege entspricht dem bisherigen des § 37 SGB V in Verbindung mit der HKP-RL, denn die bisherigen Regelungen zur Erbringung medizinischer Behandlungspflege für Versicherte mit intensivpflegerischem Versorgungsbedarf wurden in einen neuen Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege überführt, aber weder beschränkt noch erweitert. Zu bemängeln ist, dass die bisher bestehenden Probleme in der Definition, den Voraussetzungen und der Finanzierung im Zusammenhang mit Leistungen der pflegerischen Intensivversorgung, namentlich der Leistungen der sogenannten Phase F, durch die Einfügung des § 37c SGB V nicht gelöst wurden.
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Waren die Befürchtungen, die im Vorfeld der Veröffentlichung beispielsweise hinsichtlich eines „Heimzwanges“ laut wurden, denn gerechtfertigt?
Die beachtlichen Verbesserungen der gesetzlichen Regelung der außerklinischen Intensivpflege greifen die publizistisch aufbereiteten Missstände auf und betreffen die Maßnahmen zur Beatmungsentwöhnung durch eine fortgesetzte Feststellung der Entwöhnungspotenziale, die Finanzierung von Leistungen in der vollstationären Pflege – und damit die Abkehr von der Regelung in § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XI und den Einstieg in eine Finanzierung der medizinischen Behandlungspflege durch die Krankenkassen in vollstationären Pflegeeinrichtungen, die Festlegung der ärztlichen Qualitätsanforderungen zur Potenzialerhebung und Verordnung sowie die Sicherstellung der ärztlichen und pflegerischen Versorgungskontinuität und Versorgungskoordination. Weiterhin umstritten dürfte in der praktischen Anwendung die Frage des Leistungsortes sein, wobei die „berechtigten“ Wünsche der Versicherten den Ausschlag geben sollen und nicht – wie noch das RISG plante – der vollstationären Pflege aus finanziellen Gründen der Vorrang gebührt. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers hat die gesetzliche Regelung auch den Zweck, vor dem Hintergrund des bestehenden Fachkräftemangels in den Pflegeberufen, die vorhandenen Fachkräfte möglichst so einzusetzen, dass allen Versicherten eine bestmögliche Versorgung ermöglicht wird. Die stationäre Versorgung, die grundsätzlich einen effizienten Einsatz des vorhandenen Pflegepersonals ermöglicht, soll daher gestärkt werden. Durch diese „Personaleinsatzeffizienz“ prognostiziert der Gesetzgeber durch die gesetzliche Änderung Kosteneinsparungen in einem niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenbetrag durch eine steigende Leistungserbringung in vollstationären Pflegeeinrichtungen oder in speziellen Intensivpflege-Wohneinheiten pro Jahr.
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Aufmacherfoto: Adobe Stock/Robert Kneschke
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