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Professionelle Unterstützung bei der Beatmungsentwöhnung

Der Fachbereich Unterstützung bei der Entwöhnung von Beatmung (UEvB) im P.A.N. Ambulant der Fürst Donnersmarck-Stiftung hat den besonderen Ansatz, beatmete

Der Fachbereich Unterstützung bei der Entwöhnung von Beatmung (UEvB) im P.A.N. Ambulant der Fürst Donnersmarck-Stiftung hat den besonderen Ansatz, beatmete schwerbehinderte Menschen durch aktivierende Pflege auf die Entwöhnung vom Beatmungsgerät oder der Trachealkanüle vorzubereiten. Die Klientinnen und Klienten erwartet ein professionelles Therapie-und Pflegeprogramm, das Schluckstörungen und Einschränkungen der Atmungsfähigkeit so gut wie möglich minimieren soll. Ein ansprechendes Wohn- und Freizeitangebot rundet die engmaschige Rundumversorgung ab.

Amina Alagic sitzt lächelnd an ihrem Schreibtisch. Gerade hat sie sich mit einer Angehörigen über die Fortschritte des Ehemanns gefreut. Alagic ist ausgebildete Pflegedienstleiterin und hat einige Jahre Erfahrung in der Pflegeleitung gesammelt, unter anderem in einem Intensivbeatmungscenter in Berlin. Heute ist sie Leiterin des UEvBs, das sie seit 2014 zusammen mit Claus Bodenstein sowie Philipp Gutschmidt aufgebaut hat. Beim P.A.N.* Ambulant geht es ausschließlich darum, beatmete Klienten* in enger Zusammenarbeit mit den jeweils entlassenden Kliniken/Weaningzentren* auf eine mögliche Entwöhnung vorzubereiten. Das sei die Besonderheit am Angebot, sagt Alagic und erklärt weiter: „Es geht nicht um einen dauerhaften Aufenthalt. Die Maßnahme ist für maximal 18 Monate vorgesehen. Die Klienten sollen ein Ziel vor Augen haben, für das sie kämpfen und vom Team des P.A.N. Ambulant motiviert werden.“

*Weaning=Entwöhnung
*der Begriff Klienten steht für Klientinnen und Klienten
*P.A.N.= Post-Akute Neurorehabilitation

Aktivierende und individuelle Pflege

Die Einrichtung vertritt ein Konzept der aktivierenden Pflege in einer angenehmen Atmosphäre. Die Pflegefachkräfte haben den Anspruch, sich mit der individuellen Situation und den Bedürfnissen der Patienten auseinanderzusetzen, d.h. auch auf deren typischen Charakter als Mensch einzugehen. Der Atmungstherapeut Philipp Gutschmidt, der gerade zu einer kleinen Besprechung gekommen ist, beschreibt dies sehr anschaulich: „Wir stellen uns vor, der zu Pflegende oder die zu Pflegende ist mein Opa oder meine Oma. Dementsprechend sorgfältig und gewissenhaft machen wir unsere Arbeit und bringen unser ganzes Engagement ein.“ Von dieser Philosophie hat auch die an Multipler Sklerose erkrankte Silvia Frenzel profitiert, nachdem sich ihr Gesundheitszustand rapide verschlechtert hatte. Ehemann Bernhard, der mit seiner Frau schon über drei Jahrzehnte im Berliner Stadtteil Lichtenberg wohnt, stellt zufrieden fest: „Die Pflegekräfte und Therapeuten haben sich überaus engagiert und intensiv um meine Frau gekümmert. Ich kann die Einrichtung sehr empfehlen.“

Die maximal zehn Pflegeplätze sind für Menschen mit verschiedenen neurologisch bedingten und teils schwerwiegenden Behinderungen vorgesehen. Viele Klienten kommen nach Gehirnerkrankungen wie Hirninfarkten (schwere Form des Schlaganfalls) oder einem Schädel-Hirn-Trauma. Lähmungserkrankungen und Nervenerkrankungen nach langem Intensivaufenthalt, aber auch ALS sind weitere typische Behinderungsformen. Bei der Vorbereitung eines möglichen Einzugs unterstützt das Leitungsteam um Alagic interessierte Klienten, tritt mit den verantwortlichen Ärzten in Kontakt und regelt die Formalitäten. Das kann auch Bernhard Frenzel bestätigen, der sich an eine recht unkomplizierte Aufnahme erinnert. Die Kosten für Therapie und Pflege übernehmen – basierend auf der Gesetzesgrundlage des SGB V und SGB XI – die Kranken- und Pflegekassen weitestgehend. In bestimmten Fällen ist zudem die Zahlung eines Eigenanteils notwendig.

Passen Klienten und das P.A.N. Ambulant zusammen? 

Natürlich muss eine reelle Chance bestehen, dass den Klienten mit dem Programm im P.A.N. Ambulant- wirklich bei der Entwöhnung von der Beatmung und/oder Trachealkanüle geholfen werden kann. Dafür gibt es eine dreimonatige Vorprüfung, auch Reha-Potenzial-Analyse genannt. Philipp Gutschmidt erläutert: „Das ist ein einzigartiges Programm, um einzuschätzen, ob die betroffenen beatmeten Menschen bei uns rehabilitiert werden können. Bei der Reha-Potential-Analyse geht es darum, sich erstmal kennen zu lernen und den Klienten die Chance zu geben, sich in der neuen Situation zurecht zu finden und Stabilität zurückzuerlangen. Das ist ein wichtiger Schritt für den weiteren Therapieprozess.“ Am Schluss der Reha-Potential-Analyse steht eine außerordentliche Fallbesprechung mit dem Pflegeteam, den Therapeuten, allen behandelnden Ärzten sowie dem Klienten und seinen Angehörigen/Betreuern. Gemeinsam geht es darum, eine realistische Einschätzung für den weiteren Genesungsprozess des Klienten zu treffen.

Individuelles Pflege- und Therapieprogramm

Falls sich alle Beteiligten zur Fortsetzung des Programms entschließen, stimmen die behandelnden Ärzte in enger Kommunikation mit Therapeuten und dem Pflegeteam das weitere Programm ab. Philipp Gutschmidt geht ausführlich darauf ein: „Das Therapieprogramm schneiden wir individuell auf die Bedürfnisse der Klienten zu. Alle Disziplinen wie Atmungs-, Ergo und Physiotherapie sowie Logopädie funktionieren bei uns als Einheit und sollen im „Zahnradprinzip“ ineinandergreifen. Damit ein ganzheitlicher Pflege-Therapie-Ablauf entsteht, arbeiten das Pflegeteam und die Therapeuten eng miteinander zusammen. Beispielsweise finden im geregelten Rhythmus interprofessionelle Sitzungen zwischen Pflegeverantwortlichen und dem Therapeutenteam statt.“ Gruppentherapie-Termine mit verschiedenen Klienten zusammen runden das Therapieprogramm ab.

Ein großer Vorteil des P.A.N. Ambulant ist das benachbarte und ebenfalls zur Fürst Donnersmarck-Stiftung gehörige P.A.N. Zentrum für Post-Akute Neurorehabilitation mit einer gesicherten, neurologischen und therapeutischen Versorgung. Alle 14 Tage erfolgt die neurologische Visite durch den leitenden Arzt des Zentrums. Zusätzlich findet im zweiwöchentlichen Rhythmus eine hausärztliche Visite statt. Für die Versicherten der IKK und der TK gibt es eine Quartals-Visite durch einen niedergelassenen Internisten, mit dem Schwerpunkt Pulmologie. Durch die Beschränkung des P.A.N. Ambulant auf zehn Plätze ist ein Verhältnis von Pflegekraft pro Klient 1:3 sichergestellt. Dadurch können Pflegekräfte und Therapeuten die Klienten intensiver beobachten und bei Problemen rechtzeitig erkennen, ob sie einer ärztlichen Rücksprache bedürfen. Die Hierarchien im Haus sind flach und bei Bedarf arbeiten alle zusammen, wie Amina Alagic ergänzt: „Das Leitungsteam legt mit Hand an und entlastet die Pflegekräfte, zum Beispiel, wenn Pflegeartikel sowie Hilfsmittel ankommen und aufgeräumt werden müssen.“

Angenehmer Aufenthalt auf dem Gelände des P.A.N. Zentrums

Bei der Gestaltung der Klienten-Apartments hat man auf eine durchgängige Barrierefreiheit geachtet. „Da geht es nicht nur um ein bestimmtes Kriterium. Die Wohnung muss einfach in der Praxis problemlos benutzbar sein und die Bedürfnisse der Bewohner erfüllen“, macht Philipp Gutschmidt deutlich. Zum Beispiel sind die Räumlichkeiten im UEvB großzügig gestaltet, damit etwa Rollstuhlnutzerinnen und Rollstuhlnutzer ausreichend Rangiermöglichkeiten haben.

Um den Aufenthalt für die Klienten möglichst abwechslungsreich zu gestalten, kommt auch die Freizeitgestaltung nicht zu kurz. Das benachbarte P.A.N. Zentrum bietet zahlreiche Möglichkeiten wie zum Beispiel die Nutzung der Kunst- und Holzwerkstatt und Ausflugsangebote. Jedoch schränkt Philip Gutschmidt ein: „Oft können die Bewohner des P.A.N. Ambulant die Angebote nicht wahrnehmen, weil es ihr gesundheitlicher Zustand nicht zulässt oder sie sich ganz auf das Therapie- und Pflegeprogramm konzentrieren müssen. Klienten, bei denen alles passt und nach Plan läuft und die Ausflüge machen können, sind deswegen eher selten.“ Die Teilnahme am sozialen Leben ist aber dennoch jederzeit möglich. Außerhalb der Therapiezeiten haben die Klienten die Option, sich je nach physischer und mentaler Tagesform in den Gemeinschaftsräumen oder im Garten aufzuhalten. Bernhard Frenzel nutzte die schöne Gartenanlage ausgiebig, um mit seiner Frau jeden Tag einen Spaziergang zu machen – mit Erfolg, wie sich gezeigt hat.


Autor: Marcel Renz,  freier Journalist und Referent, betreibt den Inklusionsblog https://marcel-gibtgas.de

Foto: ©2018 Jon Adrie Hoekstra