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Trachealkanülenwechsel – praktische Tipps eines Insiders
Der Trachealkanülenwechsel – Routine oder Herausforderung ? Der Trachealkanülenwechsel im Außerklinischen Bereich wird heutzutage meistens von den Pflegefachkräften des Intensivpflegedienstes

Der Trachealkanülenwechsel – Routine oder Herausforderung ?
Der Trachealkanülenwechsel im Außerklinischen Bereich wird heutzutage meistens von den Pflegefachkräften des Intensivpflegedienstes übernommen, nachdem der Arzt dies delegiert hat und sich davon überzeugt hat, dass die Pflegefachkräfte dies auch können – oder?
In der Regel stehen die Pflegefachkräfte bei Übernahme des neuen Klienten vor einigen Fragen und der Verlegungsbrief gibt meist nicht das her, was er hergeben könnte. Folgendes sollte ein Verlegungsbrief in jedem Fall beinhalten:
- Welche Kanüle liegt aktuell ein? (Hersteller, Typ, Größe)
- Ist das Stoma chirurgisch oder dilatativ (per Aufdehnung) angelegt?
- Wann war der letzte Kanülenwechsel?
- Welcher Wechselintervall ist gewünscht?
- Waren die letzten Wechsel unproblematisch?
Fehlen einige dieser Informationen, ist vor allem der erste Trachealkanülenwechsel außerhalb der Klinik auf beiden Seiten der Trachealkanüle meist ein kleiner bis großer Sprung ins kalte Wasser.
Deshalb sollte dieser Sprung von zwei sehr erfahren Fachkräften ausgeübt werden, die auch Routine im Trachealkanülenwechsel haben, das Tracheostoma und die Wundsituation gut einzuschätzen wissen und auch bei Komplikationen handlungsfähig bleiben.
Mögliche Komplikationen beim Trachealkanülenwechsel
- Blutungen
- Bronchospasmus (Verkrampfen der Atemwegsmuskeln)
- Abfall der Sauerstoffsättigung
- Hyperkapnie (Erhöhter CO2-Gehalt im Blut)
- Stenose (Verengung) des Tracheostomakanals
- Kanüle liegt „Via Falsa“, ist also falsch platziert
- Infektionen
- …
Das Gelingen eines Trachealkanülenwechsels liegt nicht nur an der optimalen Vorbereitung des Patienten, sondern auch an dessen optimaler Lagerung, dem Vorbereiten der Materialien und der Ruhe, sowohl beim Klienten wie auch beim Personal.
Griffbereit sollte immer das Notfallequipment sein:
- Trachealspreizer
- Trachealkanüle, eine Größe kleiner als aktuell im Tracheostoma liegend
- Beatmungsbeutel (mit Beatmungsmaske)
- Möglichkeit der Sauerstoffapplikation
- Was muss man tun, wenn ein Stoma kollabiert?
Sollte das Stoma nach Entnahme der alten Kanüle beim Trachealkanülenwechsel kollabieren, kann ein Absaugkatheter oder Sauerstoffschlauch eine hilfreiche Alternative sein, um den Zugang erstmal zu sichern. Auch der Sauerstoff kann so weitergegeben werden; zur Not helfen aber auch die Finger, um den Tracheostomakanal zu sichern und ggf. auch leicht zu bougieren, also aufzudehnen.
Wenn man sich beim Trachealkanülenwechsel von vornherein unsicher ist bzw. im Arztbrief steht, dass das Tracheostoma zum Kollaps neigt, dann kann man den Trachealkanülenwechsel auch in der „Seldinger-Technik“ durchführen; entweder über einen speziellen Seldinger-Draht oder auch über einen Absaugkatheter. Somit ist der Zugangsweg auch ohne Kanüle gesichert und die Chance, die neue Kanüle wieder optimal zu platzieren, ist größer.
Zur Info
Der Seldinger-Draht, ein eng gewundener Stahldraht, wird bei der Seldinger-Technik in das Tracheostoma eingeführt. Über diesen Draht kann man dann die neue Trachealkanüle vorschieben. Das gleiche Verfahren kann auch mit einem Absaugkatheter durchgeführt werden.
Spätkomplikationen beim Trachealkanülenwechsel
Leider verfügen längst nicht alle Patienten, die in die Häuslichkeit entlassen werden, über ein stabiles Tracheostoma. Auch Spätkomplikationen wie Stenosen, und Hypergranulationsgewebe (überschießende Bildung von Gewebe, das während der Wundheilung entsteht) bieten im Laufe der Zeit manchmal eine große Herausforderung im Management des Tracheostomas. Hier sollte dann zwecks chirurgischer Intervention frühzeitig Kontakt mit der Klinik aufgenommen werden.
Auch sog. Riesentracheostoma (extrem ausgeweitete Tracheostoma) stellen die Pflegekräfte vor eine Herausforderung und machen den Trachealkanülenwechsel nicht unbedingt einfacher.
Hier muss geschaut werden, ob man mit einer Tracheostoma-Epithese mittel- bis langfristig Abhilfe schaffen kann, so dass das Tracheostoma „gefüllt“ wird und die Trachealkanüle wieder eine optimale Lage bekommt. Wichtiger ist allerdings, es gar nicht so weit kommen zu lassen, indem man versucht, Zug in die falsche Richtung an der Kanüle zu vermeiden.
Betrachtet man den Trachealkanülenwechsel als Routinehandlung, entsteht die Gefahr, dass wichtige Eigenheiten, die jeder Patient aufweist, übersehen werden, was zu weiteren Komplikationen führt. Eine gewisse Routine hilft jedoch, Sicherheit beim Trachealkanülenwechsel zu erlangen – wenn man der Aufgabe gut ausgebildet, mit der nötigen Ruhe und dem nötigen Respekt entgegensieht.
René Zimmer ist Atmungstherapeut (DGP) sowie Gesundheits- & Krankenpfleger bei der Zentrum für Beatmung und Intensivpflege NRW GmbH. Die Trachealkanüle und ihr Wechsel gehören daher nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch zu seinem absoluten Fachgebiet.
Auf dem KAI 2018 hält er am 10.10.2018 einen Workshop zum Thema Trachealkanülenwechsel. Der Workshop findet von 10:20 Uhr bis 11:00 Uhr statt und wird im Workshopraum 1 abgehalten!
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