Finanzierung

Vergütung: AOK und IPV behakeln sich

Im Ringen um auskömmliche Vergütungen behakeln sich der Intensivpflegeverband Deutschland und die AOK Baden-Württemberg. Beide Seiten unterstellen, Informationen zum Verhandlungsstand nicht offen zu kommunizieren.

Die Lage scheint angespannt. Vor wenigen Tagen machte sich der Intensivpflegeverband Deutschland (IPV) ob schleppender Vergütungsverhandlungen Luft: Die AOK Baden-Württemberg sträube sich seit nunmehr neun Monaten, die Lohnsteigerungen in der Pflege zu finanzieren. „Das gefährdet die Existenz zahlreicher Pflegedienste im Land“, so der IPV-Vorsitzende Sven Liebscher.

„So etwas, wie hier in Baden Württemberg haben wir nirgendwo anders in der Republik erlebt“, kritisiert Liebscher. „Verhandlungen zwischen Pflegediensten und den Kassen sind üblich. Auch, dass die Pflegekassen im Interesse ihrer Versicherten kritisch mit Kostensteigerungen umgehen, ist normal.“ Dass aber eindeutig belegbare Tarifgehälter über Monate nicht finanziert würden und eine Kasse in totale Verweigerungshaltung gegen gesetzliche Vorschriften gehe, habe er so noch nicht erlebt.

„Wertschätzung sieht anders aus“

„Das Verhalten der AOK Baden Württemberg gefährdet die Existenz zahlreicher Pflegedienste im Land und damit die Sicherheit der pflegerischen Versorgung für Senioren und schwerkranke Menschen“, so Liebscher. „Auch die viel zitierte Wertschätzung gegenüber Pflegekräften sieht meiner Meinung nach anders aus.“

Der Intensivpflegeverband Deutschland hat sich deshalb in einem offenen Brief an das Sozialministerium in Stuttgart gewandt und seinen Baden-Württemberger Mitgliedern nun zu offiziellen Schiedsverfahren gegen die AOK Baden Württemberg geraten. Ähnlich wie bei festgefahrenen Tarifverhandlungen bewerten dabei unabhängige Fachleute die Forderungen beider Seiten und versuchen, eine Einigung zu erreichen. „Bleibt zu hoffen, dass diese Einigung für einige Pflegedienste nicht zu spät kommt“, so der Verband.

AOK weist Kritik zurück

Auf Anfrage der Redaktion Häusliche Pflege sagte ein Unternehmenssprecher der AOK Baden-Württemberg: „Zur Umsetzung der im Gesetz vorgesehenen Bedingungen führt die AOK Baden-Württemberg schon seit einigen Monaten Verhandlungen mit den Geschäftsführungen der jeweiligen Pflegedienste und vollstationären Einrichtungen. Eine beiderseits verbindliche Einigung besteht bereits mit einem Pflegedienst, dessen Geschäftsführer Gründungsmitglied des Intensivpflegeverbands Deutschland (IPV) ist. In der AOK Baden-Württemberg gehen wir davon aus, dass dieser Umstand auch dem IPV-Vorstand bekannt sein sollte. Äußerungen des Verbands, die einen geringeren Wissensstand nahelegen, können wir nur mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen.“

IPV kontert: „Keine Vereinbarungen in ambulanten Mehrfachversorgungen“

Diese Darstellung will der IPV nicht unkommentiert stehen lassen. Zum Abschluss des Gründungsmitgliedes sagte Sven Liebscher: „Tatsächlich ist es so, das es dort einen verhandelten Stundensatz für die 1:1 Versorgungen gibt. Dieser liegt allerdings weit unter dem Bundesdurchschnitt.“ Im Rahmen der Mehrfachversorgung (Wohngemeinschaft) sei es aber nicht möglich, mit der AOK Baden-Württemberg einen auskömmlichen Stundensatz zu vereinbaren. „Hier gibt es keinen Abschluss, nur jede Menge laufende Schiedsverfahren“, so Liebscher. Es würden etwa bei der Ermittlung der Nettojahresarbeitszeit keinerlei Schulungen und Fortbildungen, die die AOK aber in ihren Verträgen fordere, oder Übergabezeiten anerkannt. Liebscher: „Um mit den Worten der AOK zu sprechen: Äußerungen der Krankenkasse, die einen geringeren Wissensstand nahelegen, als dass es keine Vereinbarung in ambulanten Mehrfachversorgungen gibt, können wir nur mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen.“

Themen wie dieses werden beim KAI – Kongress für außerklinische Intensivpflege und Beatmung am 5. und 6. September 2023 in Essen diskutiert.